Elmicaella Mariposa

26. Feb. 20215 Min.

Dieser Weg wird kein Leichter sein…

Noch heute kann ich diesen Tag, der mein Leben 2008 veränderte, gar nicht so richtig greifen. Plötzlich platzte der größte Traum, den ich mir seit Jahren mühsam aufgebaut hatte.

An einem schönen Sommertag saßen unsere Freunde mit meinem Mann und mir im Restaurant. Unsere Kinder waren heute bei Oma und Opa. Was für ein verrückter und vor allem stressiger Arbeitstag heute wieder hinter mir lang. Nachdem wir unsere Getränke bestellten, lauschte ich entspannt das Gespräch unserer Freunde.

Den letzten Gedanken, den ich noch vor Augen hatte:“ Was für eine kräftige Farbe der Sonnenschirm besaß. Wieso ist mir so unfassbar schwindelig? Meine Schultern fingen an zu schmerzen, dabei strahlte der Schmerz jetzt in den linken Arm. Ich konnte meinen Mann hören, als er mich fragte, was mit mir sei, ich war aber nicht in der Lage zu antworten. Ich konnte meine Lippen nicht bewegen. Der Schwindel wurde immer kraftvoller.

Ich musste für einen kurzen Moment weggetreten sein. Ich erschrak fürchterlich. Wie konnte mein Mann erlauben, dass ein fremder Mann an meiner Bluse die Knöpfe öffnete. Was war hier los?

Der Mann erklärte mir sofort, dass er ein EKG schreiben müsste, weil er die Vermutung hatte, dass gerade ein Problem mit meinem Herzen vorliegen könnte. Mitten im Garten des Restaurants, dass voller Menschen gewesen ist, schrieb er ein EKG, dass einen Notfall bestätigte. Plötzlich ging alles recht schnell. Ich wurde mit Medikamenten versorgt und innerhalb weniger Minuten fuhren wir mit Sonderrechten ins nahe liegende Krankenhaus.

Mein behandelter Stationsarzt hatte ganz klare Worte. Sie sind 28 Jahre alt. Sicherlich in der Blüte ihres Lebens, aber ganz sicher nicht unverwüstlich. Sie hatten einen leichten Herzinfarkt aus diesem Grund möchten wir sie eine Woche hierbehalten.

Ich teilte dem netten Herrn mit, dass ich ein Unternehmen mit 3 Mitarbeitern hätte und wir uns gerade in der Hochphase der Saison befänden. Ich habe für Erkrankungen derzeit leider keine Zeit!

Der Arzt reagierte ganz entspannt und sagte:“ Oh, ja klar verstehe ich natürlich. Eine Frage hätte ich trotzdem noch an Sie:“ die drei kleinen Kinder, die sie vorhin besucht haben. Sind das Ihre Kinder? Wie alt ist ihre Tochter? Ich antwortete strahlend:“ Ja, das sind meine Würmer. Meine Tochter ist gerade 5 Jahre alt geworden!“
 
Er antwortete:“ Wie schön, dass freut mich. Ich wünsche mir für Sie, dass Sie den 8. Geburtstag Ihrer Tochter miterleben können.

Nachdem ich Ihren Anamnesebogen gelesen habe, kann ich Ihnen sagen, dass eine Schlafreduzierung von 3 Stunden seit Jahren höchst ungesund ist. Ihr Stresspegel ist unfassbar. Sie hatten diesen medizinischen Notfall bereits vor 3 Jahren das erste Mal. Sehen Sie das als Ohrfeige. Bisher hatten Sie Glück im Unglück!

Diese Antwort konnte ich mir selbst geben, doch wie sollte ich meine Kinder genießen können, wenn ich arbeiten muss? Ich arbeitete von 8.00-15.30 Uhr, holte die Kinder aus der Kita und Schule ab und verbrachte gemeinsam mit ihnen. Ab 17.00 Uhr kam auch ihr Papa dazu. Wir genossen als Familie die gemeinsame Zeit.

Die schönen Rituale, wie gemeinsam zu essen, gemeinsame Spieleabende, Geschichten vorlesen und mit ihnen am Abend zu kuscheln, lasse ich mir nicht nehmen. Um den Haushalt und die Arbeit zu schaffen, musste ich ab 21.00 eine Nachtschicht einlegen. Ich setzte mich meist gegen 0.00 Uhr ins Büro und beantwortete E-Mail, stellte neue Kollektionen zusammen und tätigte Bestellung bei meinen Lieferanten.

Ich hatte 2003 die verrückte Idee, ein Onlinegeschäft für Braut.- und Abendmode zu eröffnen. Da ich nur wenig Startkapital hatte, dass ich einsetzen konnte, führte ich die Hausverwaltung mit 32 Einheiten, die ich gerade eröffnet hatte, so lange parallel weiter, bis sich mein Geschäft, mein „Baby“ rentierte.

4 Jahre unfassbare harte Arbeit brauchte mein Unternehmen, um zu dem 2. größten Onlineunternehmen der Branche zu gehören. 2003 steckte der Onlinehandel noch in den Kinderschuhen. 2006 stellte ich die Hausverwaltung ein, um mich nur noch auf mein „Baby“ zu konzentrieren. Ich öffnete 2007 ein Geschäft in der Nähe meines Wohnortes. Meine Mitarbeiter kümmerten sich um die Laufkundschaft und den Versand der Ware.

Ich schaute aus dem Fenster und wusste, wenn ich aus diesem Krankenhaus entlassen werde, würde ich in das alte Rad zurückkehren. Seit Monaten suchten wir bereits eine Geschäftsführerin, um mich zu entlasten. Ich fand einfach kein Personal, das zu meinem Team passte. Ich möchte meine Kinder aufwachsen sehen! Ich muss jetzt eine harte Entscheidung treffen. Noch im Krankenhaus stellte ich mein Unternehmen zum Verkauf in einem Unternehmerportal vor. Innerhalb von drei Tagen stand fest, dass mein „Baby“ von einem Unternehmer in Hamburg gekauft und weitergeführt werden würde.

Nach meiner Entlassung traf ich mich mit einem Fachanwalt für Wirtschaftsrecht und setzte einen Kaufvertrag auf. Am 16.08.2008 fuhr ich gemeinsam mit meinen Mann nach Hamburg.

Der neue Firmeninhaber bekam alle Passwörter meiner Software, alle meine Geschäftskontakte, die ich aufgebaut habe. Nach der Übergabe stieg ich ins Auto. Ich fühlte mich nicht in der Lage, mein Auto zu fahren. Mein Mann setzte sich ans Steuer.

Im Radio begann das Lied von Xavier Naidoo – dieser Weg.

Dieser Weg wird kein Leichter sein. Dieser Weg wird steinig und schwer.

Ich glaube, dass ich von Hamburg nach Berlin durchgeweint habe. Mein Mann nutze jede Ampel, um mich zu trösten. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sein Schluchzen noch viel lauter war als meins. Dieses Unternehmen wuchs durch die Kraft meiner Familie. Inventuren machten wir mit der ganzen Familie. Freunde kamen oft ins Geschäft, um zu helfen.

Es war eine wirklich schlimme Krise, die ich durchlebte.

Mein Schwiegervater, der als pensionierte Bankdirektor Freude hatte, mir bei der Steuervorbereitung regelmäßig seine kostbare Zeit zu schenken, um mich zu unterstützen, kam am letzten Tag meiner Firmenschließungen in mein Büro, um mir mitzuteilen, dass wir unseren bisherigen Umsatzrekord geknackt hatten. Dass, ich unglaublich stolz auf mich sein könnte, dass ich aus dem nichts ein Unternehmen erschaffen habe, dass mir auch noch branchenfern gewesen ist. Und dass, mit meinen unfassbaren 28 Jahren als dreifache Mutter.

Ein unglaublich kleiner Trost für eine junge Frau, die alles gegeben hat, um ihren Traum zu erfüllen, der leider am 16.08.2008 seine Pforte für immer schloss.

Während ich euch diese Zeilen schreibe, heule ich gerade Rotz und Wasser. Rückblickend kann ich euch sagen, dass es die beste Entscheidung meines Lebens gewesen ist. Für meine Kinder, für meine Familie und vor allem für meine Gesundheit.

Solche Krisen zu überstehen sind unglaublich anstrengend. Gerade in der verrückten Corona-Zeit wird es gerade unzählige Dramen geben, die vermutlich noch viel schlimmer sind als meine persönliche Geschichte aus 2008.

Ich habe am gestrigen Tag einen wunderbaren Dozenten kennengelernt, der über ein wichtiges Thema, nämlich der Krisenbewältigung unterrichtete. Es waren so viele wichtigen Informationen dabei, die ich gern mit euch teilen möchte.

In meinem Video gebe ich Tipps, wie wir Menschen unterstützen können, die schlimme Krisen durchleben. Welche Phasen der Krisen es gibt. Wenn du gerade Menschen kennst, die schlimme Krisen durchleben, sende ihnen mein Videolink. Ich bin mir sicher, dass es eine große Stütze sein kann.

Dies ist sicherlich mein längster Beitrag, den ich einfach nicht kürzen konnte.

Ich wünsche dir, solltest du gerade in einer Krise stecken, Kraft und tolle Menschen, die dir zur Seite stehen.

Deine Elmicaella🦋

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